Episode 11 - Das japanische Kabuki Theater

Ausdruckskraft und Virtuosität in Gesang, Tanz & Musik

Neben dem bekannten, altehrwürdigen Noh Theater, in dem alle japanischen Künste zusammenfließen, welches jedoch für lange Zeit die Kunst der Aristokratie war, entwickelte sich im 17. Jahrhundert, während der Edo Zeit, das Kabuki Theater, sowie viele weitere darstellerische Künste, wie z.B. das unmittelbar daran angelehnte Bunraku - Puppentheater.

Dies ging mit dem Aufkeimen des Bürgertums einher, die in der blühenden Wirtschaft zu neuem Wohlstand kam und somit ein großes Interesse an eigenen Kunst- und Unterhaltungsformen bestand.

Und hier besteht der wohl größte Unterschied zwischen den beiden großen Künsten des Noh und Kabuki. Obwohl ersteres ebenfalls als Unterhaltungsform begann, wurde es immer schon als Unterhaltung für die Götter angesehen, während das Kabuki von Anfang an als Unterhaltungskunst in Erscheinung trat.

Dies spiegelt sich in der farbenfrohen Geschichte wieder, welche in unterschiedlichen Iterationen verlief. Es begann als „Frauenkabuki“, durch Okuni, einem sogenannten Schreinmädchen, einer Miko, die als Gründerin des Kabuki gilt und erstmals eine Vorform mit anderen Frauen aufführte. Diese Form wurde alsbald von anderen Truppen übernommen, artete aber schnell aus und wurde mit allerlei anrüchigen Elementen in Verbindung gebracht.

Das Tokugawa Shogunat verbann diese Form, wie auch die darauf folgende Art des „Jüngling-Kabuki“, welche ähnliche Probleme hatte. Daraufhin fasste das „Männer-Kabuki“ Fuss und wurde zur einzigen Form, bis in die heutige Zeit.

Der Ursprung des Kabuki als Unterhaltungsform ist in all seinen Elementen zu spüren, sowohl was die Geschichten, Rollenverteilung und szenische Darstellung betrifft, ist es stets auf den Effekt ausgerichtet und sehr expressiv, aber natürlich nicht weniger kunstvoll.

Ganz im Gegenteil…

Eine Kabuki- Aufführung ist tatsächlich ein wunderbares Erlebnis, in denen Musik, Tanz, Mimik und Gestik, prachtvolle Inszenierung in einem Gesamtkunstwerk zum Tragen kommen. Obwohl mittlerweile in der Neuzeit angekommen, entstehen alle Effekte in Handwerksarbeit und sind daher besonders eindrucksvoll. Da gibt es aufwendig Kostümwechsel, die wie alles im Kabuki und hier besonders die entscheidenen Szenen, überhöht und zelebriert werden. Und ebenso technisch komplexe Szenenwechsel. Alles ist auf das Erstaunen des Publikums ausgerichtet und nach Außen gewandt.

Dies bedeutet einen starken Kontrast zum nach innen reichenden Noh Theaters.

In belebten Stücken aus drei Kategorien idaimono (時代物, dt. „Historienstück“), Sewamono (世話物, dt. „bürgerliches Stück“) und Shosagoto (所作事, dt. „Tanzstück“), kommen dem Bürgertum nahe Stücke zum Einsatz.

Die etwas zeitgemäßere Sprache hilft selbstverständlich beim Verständnis der Handlungen. Im Noh ist die kunstvolle Sprache der Muromachi Zeit, kaum noch für Japaner von heute verständlich, obwohl dies auch den symbolischen Charakter unterstreicht. Aber es erklärt eben gleichzeitig auch, warum das Kabuki in der Bevölkerung einen derartig großen Anklang findet und dessen Schauspieler auch außerhalb der traditionellen Kunstform berührt werden.

Neben vielen eigenen Spielen, gibt es auch ein paar wenige Themen, Stücke und Elemente, die sowohl im Kabuki als auch im Noh, eine Inszenierung finden, wie z.B. „Kanjincho“, welches auf dem höchst eindrucksvollen Noh Spiel „Ataka" basiert oder „Hagoromo" (Das Federkleid). Überschneidungen in der Themen- und Stückauswahl gibt es häufig auch mit dem etwas zur gleichen Zeit entstandenen Bunraku - Puppentheater. Moderne Aufführungen, wie „Lear“ lassen die verschiedenen Formen sogar zusammen erscheinen. Moderne Variationen des Kabuki gibt es ebenfalls.

Eine Kabuki Aufführung kann einen ganzen Tag dauern, wobei ein Programm aus mehreren Stücken und Abschnitten besteht.

Theater wie das Kabuki-za in Tokio sind stets gut besucht und durch die Möglichkeit einen kleinen Abschnitt aus mehreren Stücken zu sehen, fällt der Einstieg sehr leicht.

Das Publikum besteht noch immer aus Menschen des wohlhabenderen Bürgertums, dies hat sich seit der Edozeit nicht wirklich verändert.

Das Kabuki ist wohl durch seine expressive Darstellungskunst als auch durch seine bis in den kleinen Finger choreographierten Gesten und Tänze, sowie seine der Realität enthobene Sprache, mit einer typischen Falsettostimme, besonders eindrucksvoll.

Obwohl, wie erwähnt, im Kabuki nur Männer auftreten und alle Rollen, sowohl Männer als auch Frauen, die sogenannten Onnagata (女形 oder 女方, von eben jenen übernommen werden, gibt es seit langer Zeit auch Aufführungen mit Frauen, die sich meistens dem eng mit dem Kabuki verflochtenen japanischen Tanz, dem Nihon-Buyo, widmen.

Die vorliegende Aufnahme des Stückes „Yasuna“ ist eine solche Aufführung der japanischen Tänzerin Haruko Takahashi, die sich dem japanischen Tanz über 50 Jahre, seit ihrer Kindheit widmete.

Darin kommen alle Kabuki Elemente zum Tragen.

Das Stück zeigt sowohl die Schönheit und Lebendigkeit der Kabuki Kunst, als auch die Virtuosität der Tänzerin und Darstellerin, an die wir hier gleichzeitig erinnern möchten. Anders als im Kabuki schlüpft hier eine Frau in die Rolle eines Mannes, der am Ende in die Rolle einer Frau übernimmt. Dadurch entstehen einer wundersamer Kontrast und eine überrealistische Überhöhung in der Darstellung.

Das Tanzstück „Yasuna“ ist ein wundervolles Gesamtkunstwerk, hier dargeboten von Takahashi Haruko, welches wir gerne und andächtig in den Spurenklängen teilen.

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Links

- Über das Kabuki Theater: https://de.wikipedia.org/wiki/Kabuki

- Offizielle Seite: https://www.kabukiweb.net

- Aus dem Magazin: https://magazin.spurenkreis.net/das-japanische-noh-theater/


Zum Stück

Titel

YASUNA

Geschichte

Das aus 7 Rollen bestehende Hengemono (Verschiedene Rollen in einer Aufführung, die von demselben Schauspieler dargeboten werden) „Miyama no Hana Todokaru Edaburi“ wurde zum 1. Mal im 3 Mondmonat des Jahres 1818 im Miyakoza Thater, mit Onoe Kikugoro, dem 3., der alle 7 Rollen übernahm, aufgeführt. Eine dieser Rollen war „Kosode Monogurui“ (Kurzärmeliger Wahnsinn). Daraus wurde ein Kiyomoto basiertes, unabhängiges Tanzstück namens „Yasuna“. Der große Schauspieler Onoe Kikugoro, der 4., kreierte 1922 seine eigene Fassung daraus, die sehr populär wurde. „Yasuna“ wird heutzutage regelmäßig aufgeführt.

Zusammenfassung

Abe no Yasuna, war ein junger Mann, der mit der Tochter Sakaki-no-Mae des berühmten Astronomen Kamo no Yasunari liiert war. Zum Leidwesen Yasunas hatte die Kamo Familie viel Pech, der Astronom verstarb, danach wurde Sakai-no-Mae von ihrer grausamen Stiefmutter in den Selbstmord getrieben. Dieses Ereignis ließ Yasuna vor Trauer verrückt werden, und, Sasaki-no-Mae’s wunderschönen kurz-ärmeligen Seidenüberwurf und einen „Yamai Hachimaki“, ein purpurfarbenes Kopfband (ein Zeichen für Verrücktheit) tragend, ziellos durch das Land umherwandern. Es ist Frühling und alle Kirschblüten stehen in voller Blüte. Yasuna’s Geist vermischt sein früheres Glück mit dem Kummer seiner Gegenwart. Er träumt, dass das Übergewand Sasaki-no-Mae ist, begreift am Ende jedoch, dies ist eine Illusion. Seine Liebe ist für immer verloren.