Episode 33 – Im Sushi – Lokal und Bräuche des japanischen Geschäftslebens
Stadtszenen aus Japan und aller Welt…
Das teilweise rastlose Leben in der riesigen 30 Millionen Großraum der drei Städte Tokio, Yokohama, Kawasaki und ihrer Vororte ist eine scheinbare einzige Zugfahrt durch endlose Häusersiedlungen und immer tiefer hinein in die jeweiligen Stadtdschungel mit ihren Wolkenkratzern, endlosen Straßen, die sich über und unter der Erde über eine riesige Fläche ausbreiten.
Es ist oft unbegreiflich, wie hier alles so reibungslos funktionieren und man als Mensch leben kann. Und doch gelingt es den Japanern in dieser geschäftigen Metropolis ihre Ruhe zu finden. Die Liebe zur Geselligkeit, gutem Essen und dem Genuss des Augenblicks helfen ihnen dabei das zu tun.
In dieser Reihe mit Stadtszenen wollen wir in solche Augenblicke hineinhören, dabei natürlich besonders in die Klänge und Töne, die hier oftmals sogar noch kulturell angereichert sind.
Unser erster Moment führt uns in eines der vielen kleinen Sushi – Restaurants und einem eigentümlichen Brauch der japanischen Geschäftswelt…
Da ich heute außerhalb zu Mittag gegessen habe und erst kürzlich eine Unterhaltung mit einer Bekannten zu diesem Thema hatte, liegt mir etwas daran über Restaurants in Japan zu schreiben oder vielmehr über die sich doch stark unterscheidende Art zu sprechen, wie sie geführt werden oder was in ihnen passiert. Dieselbe Sache ließe sich im Übrigen auf die meisten Läden aller Art übertragen.
Für all diejenigen, die nicht in Japan leben oder niemals dort waren, muss ich erklären, dass japanische Restaurant auf eine andere Art und Weise geführt werden.
Es gibt gewisse Arten von Rufen, die man „Yobikake“ nennt und von den Mitarbeitern ausgerufen werden, zumeist irgendwelche Angebote anpreisend oder ihre Produkte, aber auch Reaktionen auf Kunden oder auf Bestellungen. Dieser kulturelle Aspekt, der überall in Japan verbreitet ist, ist typisch für die lokale Kultur des Landes.
Hier komme ich auf das Gespräch mit meiner Bekannten, denn als wir darüber sprachen, fügte sie hinzu, ob diese Art wirklich für die Kundschaft gedacht ist, so wie es heißt. In Japan müssen alle die im Servicesektor arbeiten bestimmte Phrasen wiederholen, welche die japanischen Kunden selbst wahrscheinlich überhören oder wenig Beachtung schenken, da diese Rufe ein Teil des täglichen Hintergrundlärms sind, den man überall, stets und ständig erwarten muss und so werden sie tatsächlich zu einer alltäglichen Angelegenheit. Für jemanden der in einem der vielen Servicebereiche arbeitet, ist es wohl leider auch Normalität, dass die eigene Stimme beschädigt oder heiser wird, eine „Berufskrankheit“ sozusagen.
Da es den Kunden egal ist und die Mitarbeiter darunter leiden, fragt man sich also unweigerlich, für wen diese Rufe eigentlich sind? Wie meine Bekannte, eine Japanerin, anmerkte, womöglich für das Geschäft selbst, als eine Art wie es geführt wird. Weil es also ein „Verhaltenskodex“ und „Korsett“ ist, in welchen die Arbeit ausgeführt werden muss, wie ein Rahmen, der den Arbeitsstunden eine Arbeitsweise gibt.
Es könnte jedoch kulturelle Gründe dafür geben. Aber seltsamerweise findet man nicht viel darüber in irgendwelchen Aufzeichnungen. Ich kann mir vorstellen, dass es aber seit langer Zeit existiert, wahrscheinlich schon immer und zumindest seit der Edo-Zeit.
Wie auch immer, und wie bereits oben beschrieben, ist dies auch ein Aspekt des völlig unterschiedlichen Klangerlebnisses in Japan, welches, wie alle Unterschiede, zum wundervollen Erleben in einem fremden Land beisteuert.
In dem ich dies schreibe, freue ich mich bereits erneut auf einen Besuch in einem der vielen Sushi Lokale, denn es vergeht kaum eine Woche hier, ohne Sushi auf die eine oder andere Weise zu essen. Und dies klingt auch nach einem interessanten und kommenden Eintrag in dieser Reihe hier... „Irashaimase 「いらっしゃいませ」“ ertönt die typische „Willkommensphrase“ beim Eintritt in ein Restaurant oder in einen Laden.
Man würde sich ohne diesen „Ausruf“ nicht wie in Japan fühlen, es gehört einfach dazu.
Und so freuen wir uns diese Alltagsklänge aus dem Leben in Japan in den heutigen Spurenklängen zu teilen.
R. Rehahn, 09.10.2009 & 20.04.2023
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Edo-Zeit
- Als Edo-Zeit (japanisch 江戸時代, Edo jidai), genannt auch Jedo-Periode, oder Tokugawa-Zeit wird der Abschnitt der japanischen Geschichte von 1603 bis 1868 bezeichnet, in dem die Tokugawa-Shogune herrschten. Die Edo-Zeit ist benannt nach dem damaligen Namen der Hauptstadt, Edo (heute Tokio). Sie beinhaltet die längste Friedenszeit der japanischen Geschichte (auch als Pax Tokugawa bezeichnet) mit einer Dauer von mehr als 250 Jahren.