Nachdem wir vor kurzem bereits etwas aus dem letzten Winter im Klang der Jahreszeiten gehört haben, möchten wir diesen durch die heutigen Klänge vertiefen.

Bei näherer Betrachtung können diese nämlich auch wie ein Tagebuch sein, ein Tagebuch der Klänge, in denen man die betreffende Zeit noch einmal klanglich erleben kann.

Die Klänge dieses Winters sind sehr persönlich…

Nach vielen Jahren und noch mehr Schicksalsschlägen im Leben, war der letzte Besuch in der Heimat ein kostbarer, in denen ich sowohl die geliebte Familie als auch die Landschaft wiedersehen und erleben konnte.

Man spürt in den Klängen die jeweiligen Empfindungen nicht immer und deshalb sollen diese in den Beschreibungen widerklingen:

Ein Besuch der Heimat beginnt stets mit einer Radfahrt durch den Wald, der diesmal karg, von Nässe und Frost berührt war. Dort gibt es eine kleine Brücke an denen stets Halt gemacht wird, um einen Augenblick innezuhalten und dem Klang des kleinen Baches zu lauschen, über den die Brücke führt. Weder spürt man beim Hören die klirrende Kälte des Wassers noch die kalte Luft, aber sie sind dennoch vorhanden und zeichnen das Wasser in der Winterzeit aus.

Die gemeinsame Zeit mit der Familie wird auch in Spaziergängen geteilt. Das Areal der Stadt ist groß, ob man nun durch den Wald oder entlang des Flusses Elbe über die Wiesen geht, in der Stille der Natur gibt es nur die sporadischen Gespräche miteinander.

Der Klang der nahegelegenen Glaubenskirche, deren wunderbare Glocken zum Gebet und zum Erwachen einladen, sind ein täglicher Begleiter in der Heimat. Auch daran hört man, dass sich der Ort gewandelt hat. Auch hier wird der tiefe Klang des Glaubens, der in Eintracht mit der Natur steht und selbst in ihr niemals störend sein kann, von des Menschen gemachten Lärms zu übertünchen versucht, durch den in unmittelbare Nähe befindenden Straßen- und Bahnlärm. Was niemals möglich ist, auch wenn er wie ein störendes Hintergrundrauschen der Zivilisation erscheint. Gerade deshalb sind die Klänge der Natur und des Glaubens so bedeutsam und wichtig, lassen sie uns doch erinnern und zur Ruhe kommen.

Der Jahreswechsel war ein wichtiger Aspekt meiner Reise in die Heimat, den ich, glaube, ich, seit vielen Jahren das erste Mal wieder erlebt habe. Während die Zeit in meiner Wahlheimat Japan eher still und besonnen begangen wird, wird das neue Jahr in Deutschland, wie fast überall in der westlichen Welt mit großem Lärm begrüßt, nach so langer Zeit eine willkommene Veränderung, um der Erinnerung an die alten Tage willen.

Wie so oft während meiner Zeit in der Heimat war der Garten der Familie auch in diesem Winter ein ständiger Begleiter, im steten Ringen zwischen menschlicher Hand und der Übermacht der Natur, die sich das angelegte Areal mit aller Macht zurückholen möchte, sei es durch den Wald und die Pflanzen, die Jahr für Jahr immer Näherrücken und alles durch ihr verschlingendes Grün einzunehmen suchen, oder ein (oder mehrere Biber), die sich am Ufer des kleinen Baches niedergelassen haben und dessen Wasserlauf durch ihre berühmten Staudämme verändern wollen. Weil das Wasser somit aber übertritt und das Ufer geflutet wird, muss man ein wenig Hand anlegen, dem Biber das tüchtige Handwerk zu legen. Diese Arbeit war eine tägliche Aufgabe, die schließlich alle Gartennachbarn vereinnahmte. Am Ende gelang es uns auch den Wasserlauf wieder halbwegs fließend und den Wasserstand in normaler Höhe zu sehen und das war sehr lohnend.

Trotz allem Abschiedsschmerz rückte der Zeitpunkt wieder aufzubrechen immer näher. Wie bezeichnend ist daher ein letzter Spaziergang durch den kalten Schnee und der Vogelgesang eines Schwarms über mir. Das Gefühl der Einsamkeit und des Verlassens noch intensivierend.

Der Schnee legt sich ton- und lautabdeckend über die Landschaft und verstärkt jeden umliegenden Klang, ob nun das Knirschen beim Laufen oder die Vogelstimmen in der Luft.

Die Klänge dieses Winters sind eine weitere Seite in den vielfältigen Erinnerungen an die Zeit in der Heimat, die gerne in den heutigen Spurenklängen geteilt wird.

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